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Dirk Reinartz

totenstill
Alle Fotografien der Serie totenstill sind Handabzüge von Dirk Reinartz

je Silbergelatine-Abzug, 25,5 x 16,5 cm, bzw. 16,5 x 25,5 cm
 
Natzweiler, Steinbruch, Torpfeiler, 1993
Theresienstadt, Bahnhofsstraße, 1987
Theresienstadt/Kleine Festung, Häftlingskartei, 1987
Auschwitz II/Birkenau, Ziegelbaracke, 1993
Auschwitz II/Birkenau, Gesamtansicht, 1993
Buchenwald, Stumpf der Goethe Eiche, 1992
Ausstellungsansicht, totenstill, Galerie m Bochum, 1994/1995
An den Orten der deutschen Konzentrationslager
von Dirk Reinartz

Das Buchprojekt begann eigentlich lange vor Beginn meiner Arbeit als Fotograf - wahrscheinlich während meiner Schulzeit in den 50er- und 60er-Jahren, als ich anfing, Fragen zu stellen über die Vergangenheit, besonders über die Zeit des Nationalsozialismus, die oft unkonkret oder mit Rechtfertigungen beantwortet wurden.

Nach vielen Auslandsreisen für den STERN in den 70er-Jahren (Nord- und Südamerika, Afrika, Japan, Indonesien, Sowjetunion, Osteuropa, usw.) beschloss ich, frei zu arbeiten und mich auf Deutschland-Themen zu konzentrieren, neben Arbeiten zu Kunst und Künstlern.

So entstanden u.a. einige Städteportraits, das Projekt "Neue Heimat - eine deutsche Kleinstadt, z. B. Buxtehude" (Ausstellung und Katalog) sowie die Bücher "Kein schöner Land", Deutschlandbilder, "Besonderes Kennzeichen: Deutsch", Deutschlandreportagen, und "Bismarck. Vom Verat der Denkmäler". Die Bücher erschienen im Steidl Verlag. Durch die Beschäftigung mit den deutschen Themen blieb die Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit und deren Erscheinungsformen und Folgen nicht aus. Ich fotografierte Reportagen und Essays, wie das ehemalige Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, die Oder-Neisse-Grenze, das Konzentrationslager Theresienstadt und eine Geschichte über einen SS-Mann, der lange Zeit unerkannt in einem kleinen Dorf in Hessen lebte.

Nach einem Besuch anlässlich einer Polenreise von Willy Brandt im Konzentrationslager Stutthof, der Reportage über einen jugendlichen Straftäter, der in der Jugendstrafanstalt Vierlande - die sich auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme befindet - einsaß, und der Reportage im ehemaligen Konzentrationslager Theresienstadt, begann ich zu den Orten der deutschen Konzentrationslager zu reisen, in erster Linie, um Vorhandenes zu dokumentieren und als Versuch, Antworten auf diese Fragen zu bekommen:

• Gewähren die vorhandenen Reste der Lager irgendwelche Einblicke in das System und das Verhalten der Menschen in dieser Zeit oder geben sie zumindest eine Ahnung davon?
• Drückt sich die Menschenverachtung und Intoleranz in der Anlage und Architektur der Lager aus?
• Sind Bilder möglich, die den industriellen Charakter der Menschenvernichtung ahnen lassen?
• Sind Plätze und Steine Beweise?
• Ist es möglich, die Empfindung, die mit dem Wissen aus Büchern, Filmen und Erzählungen am Ort entsteht, in Bilder umzusetzen?
• Wird es erkennbar sein, dass es sich bei dem, was in den Lagern geschah - wie Wolfgang Sofsky sagt - nicht um eine Tat sondern um eine Tätigkeit handelt?


Von 1987 bis 1993 fotografierte ich in den sogenannten Stammlagern, in einigen davon mehrfach:

Deutschland:
Dachau, Buchenwald, Sachsenhausen, Ravensbrück, Flossenbürg, Neuengamme, Emslandlager, Mittelbau-Dora, Bergen-Belsen

Niederlande:
Vught, Westerborck

Belgien:
Breendonk

Österreich:
Mauthausen

Frankreich:
Natzweiler

Tschechische Republik:
Theresienstadt

Polen:
Stutthof, Kulmhof, Groß-Rosen, Maidanek, Treblinka, Sobibor, Belzec, AuschwitzII/Birkenau