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Ausstellungsinformationen

Aino Kannisto
Women (on their own)
In der Ausstellung Women (on their own) sind vom 29. Juni bis 24. November 2018 neue Fotografien von Aino Kannisto (*1973 Espoo, Finnland, lebt und arbeitet in Helsinki) im Dialog mit früheren Werken zu sehen.

Inmitten weißer Laken liegt eine schlafende Mutter mit ihrem Neugeborenen, die Augen sanft verschlossen. Ihre Arme sind um das Kind gelegt, die linke Hand umschließt sanft den Kopf, die rechte ruht entspannt auf dem Laken - eine verschlossene und zugleich offene, Raum nehmende und gebende Verbundenheit. Untitled (Woman with Baby Sleeping), eines der neuen Werke von Aino Kannisto, zeigt eine hochgradig intime Szene. Die Präzision der Aufnahme offenbart kleinste Details. Der Blickwinkel, der eine Betrachtung aus nächster Nähe ermöglicht, ist seltsam: man scheint über den Schlafenden zu schweben.
Die zunächst harmonische Anmutung der Szene wird von der Direktheit der fotografischen Details gebrochen. Die durchblutete Haut ist deutlich erkennbar und betont das Körperliche. Der bläuliche Teint des Neugeborenen und sein fast seliger Gesichtsausdruck rufen auch beunruhigende Assoziationen hervor.
Mit Untitled (Woman with Baby sleeping) ist in der Ausstellung erstmals ein Bild zu sehen, das Aino Kannisto als Mutter mit Kind zeigt. Innerhalb ihres Werkes entsteht damit eine neue Gruppe. Waren es bisher immer Rollen, die sie unabhängig von ihrer persönlichen Lebenssituation entwickelt hat, so zeigt sich die Künstlerin hier mit ihrem eigenen Kind, in einer Rolle, die sie selbst in eben diesem Moment auch erfüllt. Selbstportrait und fiktive Inszenierung fallen hier zusammen. Auch der Umgang mir dem eigenen Körper, mit seiner momentanen Verfassung und Form sowie der Rückgriff auf persönlich durchlebte Situationen werden neu verhandelt.

Untitled (Woman with Baby Sleeping) ist eines von insgesamt fünf neuen Bildern in der aktuellen Ausstellung. Die Bandbreite in der Bilderzählung und der formalen Komposition dieser Werke ist faszinierend und bildet den Ausgangspunkt für die Auswahl früherer Fotografien. So knüpft Untitled (Black Bathroom) an den reduzierten, strengen Bildaufbau in Werken wie Untitled (Woman under a Sheet) an, in denen das Erzählerische hinter atmosphärischer Dichte und formaler Klarheit zurück tritt.

Dagegen regen die vielen Details in Untitled (Pink Divan) - die Kleidung, das Möbelstück, die irritierende Pose und die Katze - zahlreiche Assoziationen an, die sich insgesamt nicht auflösen, nicht miteinander vereinbar sind und rätselhaft bleiben. Das Performative dieser Arbeit erinnert stark an das frühe Werk Untitled (Getting up from Sofa), das ebenso geprägt ist von Widersprüchlichkeiten und offenen Fragen.

Zu den fesselndsten Bildern der Ausstellung gehört Untitled (Pink Gown). Hier wird in besonderer Weise spürbar, wie meisterhaft Aino Kannisto die verschiedenen Ebenen in der Entstehung ihrer Werke beherrscht: Ihre Haltung strahlt etwas Würdevolles, Zerbrechliches aus, wirkt zugleich mit dem Faltenwurf im weichen Licht des Fensters fast skulptural und erinnert an altmeisterliche Mariendarstellungen. Die klare Gliederung des Bildaufbaus, die harmonisch-zurückhaltende Farbigkeit und das zarte Licht verleihen dieser eigentlich kalten, sterilen Szenerie eine hinreißende Schönheit.
Untitled (Woman with Baby Sleeping), 2017
Untitled (Black Bathroom), 2015
Untitled (Pink Divan), 2015
Untitled (Pink Gown), 2017
Untitled (Woman under sheet), 1997